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GCE-Mitglied goes "X-Pyr 2018"

Adrian Keller hat sich zusammen mit seiner Freundin und Supporterin, Dina Sägesser, und Supporter, Michael Maldini, nach Spanien aufgemacht, um das «X-Pyr 2018» zu bestreiten. Das Team konnte das Rennen unter den «top ten» beenden. Wir gratulieren euch dreien herzlich zum Erfolg und hören gerne, was ihr beide, Adrian und Dina, uns zu berichten wisst.

Das «X-Pyr 2018» in Zahlen
Das Rennen startete am 24. Juni 2018 in «Hondarribia» am Golf von Biscaya (Atlantik) und führte im Grenzgebiet von Spanien und Frankreich über die Pyrenäen auf einer Strecke von über 560 Kilometern nach «El Port de la Selva» an das Mittelmeer. Verglichen mit dem Rennen im Jahre 2016 wurde die Strecke um über 100 Kilometer verlängert, als ob das Rennen nicht schon vorher überaus hart gewesen wäre!
Die Strecke führte über acht Wendepunkte an den höchsten Gipfeln der Pyrenäen (2'000 – 2900 Meter) vorbei.
Angemeldet waren 39 Teams, von denen 35 dann auch am Start waren.
Aufgewendet haben Adrian, Dina und Michael gegen 20'000 Franken, die sie grösstenteils selber aufbringen mussten.
Gewonnen hat dieses Rennen einmal mehr Chrigel Maurer nach fünf Tagen.

Interview mit Adrian und Dina

Wie bist du, Adrian, als Emmentaler auf die Idee gekommen, am «X-Pyr 2018» teilzunehmen?
Adrian: Ich fliege seit einigen Jahren bei «Skywalk» als Teampilot mit und nehme bereits seit fünf, sechs Jahren an «hike and fly»-Wettbewerben teil. Der Chef von «Skywalk», Arne Wehrlin hat mir damals den Floh ins Ohr gesetzt, mich für «X-Pyr» zu bewerben. Darum begann ich mich auf das «X-Pyr 2016» vorzubereiten. Weil mir gute Streckenflüge im Alpenraum gelangen, wurde ich schlussendlich zum Rennen zugelassen. Im Jahre 2016 konnte ich «X-Pyr 2016» auf dem siebten Rang beenden. Das Ziel jenes Rennens aber war, mir die Zulassung zum «X-Alps» zu erarbeiten.
Darum wollte ich unbedingt auch an der diesjährigen Austragung des «X-Pyr» dabei sein.
Als ich dann im letzten Jahr bei einem Wettkampf mit meinem nass gewordenen Gleitschirm abstürzte, schien die Sache zu scheitern. Es war sehr harte Arbeit, mich bis im Juni wieder flug- bzw. lauffähig zu trainieren, um an diesem harten Rennen teilnehmen zu können.
Dina: Der Absturz von Adrian steckte auch mir in den Knochen. Ich hatte grossen Respekt vor der erneuten Teilnahme, wollte es Adrian aber nicht verwehren. Der ständige psychische Druck hat mir allerdings zugesetzt. Nie zu wissen, ob alles klappen wird und nicht immer den Kontakt zu haben, und lange auf Nachrichten warten zu müssen, das alles hat mich zünftig gefordert. 

Wie müssen wir uns deine Vorbereitung auf das X-Pyr 2018 vorstellen?
Adrian: Es gilt, dich fliegerisch und körperlich und nicht zuletzt psychisch auf das Rennen vorzubereiten. Ich musste mich nach meinem Unfall im letzten Jahr sorgfältig an die harten Bedingungen dieses Rennens herantasten. Neben dem Muskelaufbau, den ich im Fitnessstudio vorantrieb, bin ich täglich mit unserem Wolfshund joggen gegangen und habe dabei die Ausrüstung stets am Rücken mitgetragen.
Ab letztem Dezember trainierte ich so oft es nur ging. Mit velofahren, joggen, der Teilnahme an Skitourenrennen, baute ich meine Fitness auf. Die letzten sechs bis sieben Wochen habe ich mich dann nur noch auf das bevorstehende Rennen fokussiert. Ich bin fast jeden Tag in der Luft gewesen, auch wenn es nur ein kleiner Flug vom Bisehoger war. Und mit jedem Flug kam auch das Vertrauen in das Fliegen zurück?
Eine Woche vor dem Start des «X-Pyr 2018» sind wir schliesslich nach Spanien gereist. Auf dem Weg dorthin absolvierten Michael und ich immer wieder Trainingsflüge in den unterschiedlichsten Gebieten. So bereiteten wir uns auf das grosse Abendteuer vor.

Welche Ausrüstung braucht es, um dieses «Hike and Fly»-Rennen überhaupt zu starten?
Adrian: Es braucht zuerst eine Leichtausrüstung, damit du die teils hochalpine Strecke zu Fuss und in der Luft bewältigen kannst. Ich startete mit einem «Skywalk Xalps 3» und dem dazu gehörigen Leichtgurtzeug «Range x-alps 2». Von der Rennleitung gefordert war ein «Garmin Inreach Explor+», mit dem diese deine Position und Aktivität überwachen konnte. Jenes Gerät ermöglicht es dir zusätzlich, jederzeit eine Nachricht über Satellit an dein Supporterteam zu senden und auch solche zu empfangen.
Zur Ausrüstung gehörte auch ein Vierliter-Sack mit Reserveunterwäsche.
Ich hatte immer nur einen halben Liter Wasser bei mir. Essen nahm ich kaum mit auf den Weg. Ich trank beim Aufstehen immer mindestens einen Liter Wasser und ass mich satt. Während des Renntages war ich, was essen und trinken angeht, sehr minimalistisch unterwegs. Das musst du aber trainieren, wenn das nicht gefährlich werden soll!
Sehr wichtig aber war für mich Dina, meine Hauptsupporterin. Sie hat mir bei Entscheidungen geholfen, hat für Übernachtungsmöglichkeiten gesorgt, die Verpflegung angekarrt und mich moralisch unterstützt.
Michael Maldini hat mich über lange Strecken beim Laufen begleitet und mit mir flugtaktische Entscheidungen besprochen.

Wie viele Teilnehmende wagten sich an dieses grosse Rennen und wie hast du die Mitkonkurrenten erlebt?
Adrian: Angemeldet waren 39 Teams. Am Start waren dann nur 35 Teams und nach zwei, drei Tagen, als die ersten Ermüdungserscheinungen auftraten, mussten bereits einige aufgeben, weil sie sich verletzt oder überfordert hatten.
In der Woche vor dem Rennen waren wir eine Gruppe, die vieles zusammen machte, sich über die Aufgabe austauschte und miteinander fliegen ging.
Als dann aber am 24. Juni das Rennen startete, da wurden wir zu Konkurrenten, die sich alle auf ihre Aufgaben fokussierten und ihre Entscheidungen im Dreierteam fällten. Auch wenn ich am siebten Tag mit einem Spanier am gleichen Ort unterwegs war und vieles mit ihm besprochen hatte, so entschied doch letztlich jeder selber, ob für ihn der Wind und die beobachteten Wetterphänomene einen sicheren Start und Flug zulassen würden.

Kannst du uns Strecke und Gelände und damit die Anforderungen an dich und dein Können beschreiben?
Adrian: Das Rennen ist nicht etwa vergleichbar mit demjenigen in den Alpen («X-Alps»). Die Strecke führt von Meer zu Meer. Dazwischen liegen die Pyrenäen mit Gipfeln bis 3000 Meter über Meer. Das Gelände ist von der Anforderung zwar mit den Alpen vergleichbar. Doch über weite Strecken sind die Täler steil und gänzlich bewaldet, so dass du unter 2000 Meter über Meer nirgendwo landen kannst.
Es gab für mich kaum verlässliche Meteoangaben. Wetterstationen, die du während des Fluges abfragen konntest, fehlten gänzlich.
Im ganzen Wettbewerb joggte ich mit der Ausrüstung am Rücken insgesamt 337 Kilometer, überwand dabei 17'534 Höhenmeter und liess mich vom Flügel 468 Kilometer weit tragen.
Dina: Für mich als Supporterin am Boden war es oft schwierig abzuschätzen, ob Adrian die nächste Krete überhaupt überfliegen konnte. Darum musste ich oft lange aushalten und warten, bis ich endlich die Nachricht oder ein Telefon erhielt, dass der Übergang geschafft sei. Oftmals waren dann die Wege zum Ort, wo wir einander wieder treffen konnten sehr lange und die Strassen ziemlich schlecht. Mit unserem VW-Bus T4 war das oftmals eine arge Herausforderung. Dennoch gelang es mir unfallfrei durchzukommen.

Welches waren die grössten fliegerischen Herausforderungen und welches diejenigen am Boden?
Adrian: Du hast kaum verlässliche Angaben über die Winde in den Tälern und musst dich alleine auf deine eigenen Beobachtungen verlassen. Die Entscheidung am zweiten Tag, des starken Windes wegen am Berg «Larun» als einziger wieder zu Fuss abzusteigen, hat mir am Ende des Tages ein langen Flug und am Ende des Rennens Komplimente eingebracht.
In den Pyrenäen musst du es gegen alle Vernunft wagen, über weite Täler zu fliegen, bei denen du keine Landemöglichkeiten ausmachen kannst.
Ich mag mich an einen Flug am 3. Tag vom «Pena Montaniese» aus erinnern, an dem ich nach 3.5 Flugstunden in grober Thermik und vielen Turbulenzen landen musste, um mich psychisch und körperlich zu erholen.
Auch waren Wanderwege oftmals gar nicht vorhanden und die Orientierung darum ziemlich schwierig.
Dina: Es war gar nicht einfach, einschätzen zu können, wo Adrian am Ende des Tages sein würde und wo ich das Nachtlager vorbereiten oder ein Hotelzimmer suchen sollte. Als ich am achten Tag im letzten Tal stand, in das Adrian einfliegen und dort landen sollte und dort viel zu starken Talwind (70 kmh) vorfand, wollte ich Adrian am Startplatz mittels Satellitenmeldung warnen. Als Adrian darauf nicht gleich antwortete, geriet ich in Angst. Glücklicherweise entdeckte Adrian im letzten Augenblick die Warnung. So wurden ein weiterer schwieriger Flug und womöglich grössere Probleme und Risiken vermieden.

Gab es Momente oder Orte, wo du einfach bleiben und geniessen wolltest?
Adrian: Die Landschaft in den Pyrenäen ist so wunderschön! Trotz dem grossen Druck habe ich sie so viel wie möglich zu geniessen versucht. Und doch musste ich mich derart auf das Ziel konzentrieren, dass ich nie das Gefühl entwickelte, bleiben zu wollen.

Gab es auch Momente, wo du einfach nur wünschtest, du wärest bereits am Ziel?
Adrian: Als ich am sechsten Tag in härtester Thermik drei Stunden geflogen war und nur ein paar Kilometer vorangekommen bin, da musste ich mich selber ziemlich aufbauen.
Und als ich in schier unlandbarem Gebiet und mit viel zu grosser Windgeschwindigkeit den Schirm aus einem halben Meter Höhe einfach herunterreissen musste, da habe ich vor lauter Anspannung nur noch gezittert.
In solchen Momenten merkst du: Die Pyrenäen sind definitiv kein Gleitschirmeldorado, in das du als Genusspilot und -pilotin hinfahren wirst, um Flugferien zu machen!

Welche Gefühle und Gedanken gehen dir durch Kopf und Herz, wenn das Rennen beendet wird und du noch 68 Kilometer vor dem Ziel auf einem Berg stehst und der Starkwind jeden Flug verhindert?
Adrian: Zuerst war da eine grosse Enttäuschung und Leere. Denn je näher das Ziel kam, desto mehr glaubte ich daran, in der verbleibenden Zeit (einen Tag nach der Landung des Siegers) im Ziel anzukommen. So lief ich am drittletzten Tag 78 Kilometer auf alpinen Wegen und am zweitletzten fast ebenso viel. Als mir aber klar wurde, dass der Starkwind jeden Flug verunmöglichen würde und die Strecke zu Fuss nicht zu schaffen war, da war ich zuerst einmal körperlich und psychisch am Ende.
Doch je länger ich Zeit hatte, die Sache zu bedenken, desto mehr freute ich mich daran, das Rennen als achter Pilot beendet zu haben.
Dina: Ich konnte die Enttäuschung von Adrian sehr gut nachvollziehen. Für mich aber wich nach Rennende der unheimliche Druck, der mir fast täglich die Lust am Essen raubte. Ich begann mich am Erreichten zu freuen.

Was hast du, habt ihr als Pilot und als Paar bei diesem X-Pyr 2018 profitiert!
Adrian: Ich habe ganz neu gelernt, mich im einsamen Gelände zu bewegen, die Zeichen der Natur zu lesen und zu beurteilen. Und ich habe Neinsagen gelernt und mich dabei selber besser kennen gelernt. Mit meiner Freundin grosses zu erreichen und so ein Abendteuer zu bestehen, dafür bin ich Dina unendlich dankbar.
Dina: Dieser Wettbewerb hat einiges von uns gefordert und wir haben nicht immer nur liebe und schöne Worte füreinander gefunden. Dass wir es aber gemeinsam so weit gebracht haben, das macht mich stolz und zufrieden.

Welches ist deine persönliche Bilanz vom «X-Pyr 2018»? Würdest du dich heute wieder anmelden, wenn du alles wüsstest, was in dieser Zeit geschehen ist?
Adrian: Wenn ich daran denke, welch wundervolle Landschaften ich kennen lernte, mit welch grossartigen Bildern ich täglich erwachte, dann würde ich mich sofort wieder anmelden. Wenn ich aber daran denke, welche fliegerische und läuferische Herausforderung das «X-Pyr 2018» bedeutete, dann würde ich es ganz klar sehr gut überlegen, mich erneut anzumelden.
Als Vorbereitung aber zur Teilnahme an einem «X-Alps» ist diese Erfahrung Gold wert und ich bin heute dankbar, gesund zuhause zu sein.
Dina: Ich stieg bereits in diesem Jahr mit einer gewissen Zurückhaltung in den Wettbewerb. Heute bin ich froh, dass alles vorbei ist. Persönlich kann ich es mir nicht vorstellen, ein weiteres Mal mit Adrian als Supporterin an einem «X-Pyr» teilzunehmen.

Herzlichen Dank, lieber Adrian, liebe Dina, für das offene und informative Gespräch!